Ein Axiom nennt man in der Mathematik einen nicht abgeleiteten Ausgangssatz, das heißt, eine Aussage, die man als gegeben hinnehmen, niemals aber - innerhalb des entsprechenden Theoriegebildes - beweisen kann. Axiome sind nicht hinterfragte Fundamente, auf denen der Rest der Theorie basiert. Drei solcher "Glaubenssätze" gibt es aber auch in unserem Alltags(er)leben - drei Dinge, die man nur (mehr oder weniger grundlos) vermuten, keinesfalls aber überprüfen kann. Drei ziemlich grundlegende Dinge noch dazu:
1. Es gibt eine Welt außerhalb des eigenen Bewusstseins
Dies ist die Grundaussage, die der philosophische Ansatz des Solipsismus anzweifelt. So seltsam es klingt: Alles, was man erlebt, und was nicht nur das bloße eigene Bewusstsein ist, die ganze schöne bunte weite Welt da draußen könnte genauso gut meine Einbildung sein, ein Kinofilm, ein Computerspiel, eine Matrix innerhalb meiner Vorstellung ohne tatsächliche greifbare Inhalte. Selbst der eigene Körper könnte eine Chimäre sein, die uns unser Gehirn vorgaukelt, und sogar die Existenz des Gehirns wäre danach zweifelhaft. "Ich denke, also bin ich" ist also etwas zu weit gegriffen. "Ich denke, also gibt es mein Bewusstsein" ist die (leicht zirkuläre) Aussage, die man höchstens mit Sicherheit treffen kann.
2. Ich bin ein konstant seit meiner Geburt existierendes Wesen
Lockern wir nun die Skepsis ein wenig und erlauben, dass es eine objektiv greifbare Welt um uns herum gibt. Dann gibt es aber immer noch keine Garantie dafür, dass ich so alt bin, wie es in meinem Pass steht. Jede Nacht nämlich verliere ich für 8 Stunden das Bewusstsein und erlange es dann wieder - oder?.. So merkwürdig es klingt, aber man kann nicht ausschließen, dass ich heute morgen in der jetzigen Gestalt geboren oder sonst wie erschaffen wurde, mit den fertigen Erinnerungen der letzten Jahrzehnte. Oder dass man den gestrigen "mich" umgebracht, geklont und die frische "Kopie", die ich jetzt bin, mit den Erlebnissen meines bisherigen Lebens "geimpft" hat. Man lebt aus subjektiver Sicht durchgehend nur, solange man nicht in den Tiefschlaf fällt. Danach fängt das Leben von vorne an - vielleicht als dieselbe Person, die man gestern war, vielleicht aber auch nicht.
3. Du siehst die Farbe Rot genauso, wie ich sie sehe.
Lassen wir noch weiteren Spielraum zu und nehmen nun an, es gebe die Welt außerhalb des Bewusstseins, und man sei auch so lange am Leben, wie man sich zu erinnern glaubt. Damit ist aber nicht gesagt, dass ich die Qualia, den subjektiven Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes, genauso erlebe wie Du. Für mich kann zum Beispiel die Farbe Rot so aussehen wie für Dich Grün, und wir werden trotzdem beide denken, wir sprechen von derselben Farbe, der nämlich, die auf der Ampel oben ist. Man kann einem farbenblinden Menschen tausendmal erzählen, wie die Wellenlänge und sonstige physikalische Eigenschaften der Farbe Rot sind - er wird es verstehen, aber eben nicht erleben. Das Phänomen der Qualia ist etwas höchst Subjektives und von außen Unüberprüfbares. Insoweit ist letztlich jeder wiederum in sich selbst gefangen.
Zweifel gesät? Wie Voltaire sagte: Zweifel ist nicht angenehm, Gewissheit aber ist absurd.
Dienstag, 5. Oktober 2010
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen