Häufig gestellte Fragen - oder besser: häufig vorgebrachte Argumente für Gottes Existenz (die aber alle nichts taugen). Zur Einleitung siehe
Gotteshypothese.
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Aber irgendjemand muss doch den Big Bang ausgelöst haben.
Nein, nicht unbedingt. In der Quantenmechanik sind schon lange Phänomene bekannt, die - wirklich! - ohne Ursache sind. Sie heißen
Quantenfluktuationen. Der leere Raum, das Vakuum, ist gar nicht so leer - ständig entstehen und vergehen Teilchen, und zwar ohne jede Ursache, einfach so. Es gibt also im Universum Phänomene ohne einen Auslöser. Am Wichtigsten ist aber: Das Argument beweist nur die Notwendigkeit einer - wie auch immer beschaffenen - Ursache für den Urknall, nicht aber eines personifizierten Gottes, der uns liebt, uns Speisevorschriften gibt und sich um unser Sexualleben sorgt. Es kann ganz einfach ein weiteres, uns noch nicht bekanntes Naturgesetz oder -ereignis sein, das den Big Bang verursacht hat, die Existenz Gottes ist damit keinesfalls bewiesen.
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Aber ohne Gott gibt es keine Moral.
Ein Evergreen in Diskussionen und natürlich ein Märchen. Selbst die Religiösen befolgen allein und ausschließlich ihre eigene Moral, stellen es aber so dar, als wolle Gott es so (experimentelle Bestätigung
hier). Was sie eigentlich machen ist: Sie vergessen die "bösen Stellen" der Heiligen Schriften, stützen sich nur auf die guten - und benutzen sie als eine Quelle, die ihrer persönlichen Ansicht Autorität verleiht ("...denn wie schon in der Bibel steht,.."). Wenn man die Bibel wörtlich nimmt, muss man rebellische Söhne genauso töten wie nicht jungfräuliche Bräute und am Samstag arbeitende Menschen (!), ebenso Frauen, die nicht laut genug schreien, wenn sie in der Stadt vergewaltigt werden. Diese Stellen zitieren wir nie, weil sie sich für unsere heutigen moralischen Standards nicht (mehr) eignen. Wie erkennen wir aber, dass wir das Liebesgebot Jesu, nicht aber Gottes Anordnungen von Massenmorden hochpreisen sollen? Die Antwort liegt auf der Hand: Wir jagen alles, was wir lesen, durch unser eigenes Moral-Barometer und schauen, was es anzeigt. Zeigt es auf Grün, zitieren wir schwülstig und erhaben die entsprechende Passage. Sonst sagen wir verlegen: "Das ist aus dem Kontext/nicht so gemeint/eine Metapher". (Mehr dazu in
diesem Beitrag). Letztlich ist also die "religiöse Moral" eines jeden Menschen nur der Spiegel seiner selbst. Wie
Deschner zutreffend meinte: "
Jeder hat zunächst den Gottesglauben, den man ihm aufgeschwatzt hat; aber allmählich hat er den, den er verdient".
Noch nicht überzeugt? Ein Gedankenexperiment: Angenommen, es wird in Palästina eine vergessene Bibel-Papyrusrolle gefunden, an deren Echtheit und Zugehörigkeit zum Rest der Heiligen Schrift kein Zweifel besteht. Angenommen, es steht dort geschrieben (leicht anachronistisch): "Fahrradfahren ist eine Sünde - alle Radfahrer sollen deshalb mit 30 Peitschenhieben bestraft werden. In Ewigkeit, so befehle ich's Euch. Hochachtungsvoll, Gott." Würdest Du sowas befolgen? Immerhin - es stammt von Gott und gehört zur Bibel dazu. 99% der religiösen Menschen, die ich kenne, würden es nicht tun und sich auf den "noch unentdeckten tieferen Sinn" berufen, der eine "zu wörtliche Interpretation verbietet". Warum? Weil das göttliche Gebot den Test durch das innere Moral-Barometer nicht bestanden hat.
Plato hat vor 2.500 Jahren das grundsätzliche Problem erkannt und in einem seiner
Werke beschrieben. Namentlich dieses: Ist etwas nur deshalb gut, weil Gott es sagt, dann wären Greueltaten wie Raub und Mord gut, wenn Gott sie billigen würde - ein absurdes Ergebnis. Moralfragen wären dann vollständig seiner Willkür überlassen. Zu sagen aber, dass der Gott so etwas grundsätzlich nicht begrüßen könne, weil es nicht gut sei, bedeutet zuzugeben, dass es eben einen vom reinen Willen Gottes getrennten, zusätzlichen und selbständigen Begriff von "Gut" gibt. Und damit fällt das Argument auseinander. Moralische Grundsätze gibt es höchstens
neben Gottes Existenz, nicht
aufgrund von ihr.
Ein Mensch, der nur deswegen nicht raubend und mordend durch die Straßen zieht, weil es in einem alten Buch befohlen ist, ist wirklich ein ganz, ganz armseliges Exemplar. Die meisten stützen sich hingegen auf ihren ganz eigenen Sinn für Gut und Böse, einen Sinn, der durch die Evolution des Menschen als eines sozialen Wesens fest einbetoniert ist, und den sogar Schimpansen in
ähnlicher Ausprägung haben. Viele "göttliche" Sittengebote aus der Bibel sind im Übrigen ohnehin veraltet oder gar lachhaft, vgl. etwa
Deut 22:11,
Deut. 23:14 oder
Deut. 25:11.
- Aber erst Gott gibt dem Leben einen Sinn.
Na, ich weiß nicht. Ich persönlich sehe keinen Lebenssinn darin, jemand anders zu verehren und vor ihm auf die Knie zu fallen. Den Sinn des
Lebens in einer Existenz
nach dem Tod zu suchen ist zudem mehr als zweifelhaft. Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist sowieso grundsätzlich falsch gestellt: Es gibt keinen weisen, geheimnisvollen "Sinn", den ein Eingeweihter uns eröffnen könnte. Das Leben
hat keinen Sinn, es ist das Produkt einer Jahrmillionen lang währenden, zufallsbasierten, aufgrund von Naturgesetzen immer komplizierter werdenden Kette von elektro-chemischen Reaktionen auf Kohlenstoffbasis, ob man es mag oder nicht. Jeder von uns ist halt da auf der Welt, hineingeschmissen ins Leben, weil unsere Eltern es so wollten. Die richtige Frage ist vielmehr: Jetzt, wo ich da bin, was fange ich mit meinem Leben an, was will ich erfahren, erleben, lernen? Was für eine Art Mensch will ich sein? Wenn ich diese Fragen für mich beantworte, gebe ich selbst meinem Leben eine subjektive Richtung, aber keinen Sinn. Einen "objektiven" Sinn des Lebens, den jemand anders für uns festlegt, gibt es für uns selbstbestimmte Wesen nicht.
- Aber Hitler war Atheist - und schau mal, was er angerichtet hat.
Erstens: Hitler war römisch-katholisch und zahlte immer brav die Kirchensteuer. In "Mein Kampf" finden sich immer wieder Phrasen wie "Gott will, dass ich die Welt von den Juden befreie" usw., auch schrieb er diesbezüglich u.a. an den Papst Pius XII:
"Wir setzen fort das Werk der Katholischen Kirche".
Zweitens: Selbst wenn Hitler Atheist gewesen wäre (Stalin war zB wirklich einer und ein ebenso schrecklicher Despot, ist also ein besseres Beispiel für das Argument): Die Nazi-Ideologie wie auch der Stalinismus hatten alle Attribute einer Religion. Es gab Propheten, die die Wahrheit gepachtet haben; es gab Heilige Schriften, die nicht angezweifelt werden durften. Es gab diffuse Versprechungen einer besseren Zukunft, wenn man nur dem Alpha-Männchen blind glaubt. Und es gab Inquisition gegen Ketzer.
Drittens: Also gut, angenommen, Hitler war Atheist. Er war aber auch ein Vegetarier. Er sprach deutsch. Er trug einen Oberlippenbart. - Alles abschaffen, bloß weil Hitler so war? Unsinn - er beging die ganzen Greueltaten ja nicht,
weil er Atheist war. Da gibt es keine erkennbare Kausalität. Er war einfach ein megalomanisches Arschloch. Und solche gab es unter Gläubigen in der Menschheitsgeschichte ebenso. Eher haben es Stalin, Hitler, Pol Pot & Co. nur deshalb "geschafft", so viele Menschen zu töten, weil sie die modernen technischen Mittel dazu hatten, die den christlichen
conquistadores in Amerika und Kreuzzüglern im Nahen Osten einfach fehlten. Gib aber einem Islamisten eine Atombombe, schau, was er damit macht, und dann reden wir nochmal über den body count von Gläubigen und Atheisten.
- Aber Atheismus ist selbst eine Religion
Quatsch. Wie treffend
gesagt wurde, ist das Nicht-Briefmarken-Sammeln kein Hobby, also auch das Nicht-Überzeugt-Sein von Behauptungen der Religionen keine Religion.
Atheismus ist nicht einmal eine Weltanschauung.
- Aber Einstein glaubte auch an Gott
Ein reines billiges
argumentum ad verecundiam. Dies mal ganz abgesehen davon, dass Einstein
nicht an den biblischen Gott glaubte, sondern wenn überhaupt, an den vernunftbasierten Gott der Deisten.
- Aber ich habe Gott persönlich erfahren
Bist Du sicher? Bist Du sicher, dass es wirklich Gott war und nicht einfach nur Deine Einbildung eines Gottes? Verrückte hören auch Stimmen und sind fest davon überzeugt, dass sie real sind. Das menschliche Gehirn ist dafür berüchtigt, bei unbekannten Erfahrungen und Wahrnehmungen bekannte Muster und Erklärungen zu suchen, um sich einen Reim daraus machen zu können. Der Neurologe Michael Persinger hat sogar eine "
Gottes-Maschine" konstruiert, mit der man durch Erzeugung komplexer magnetischer Felder im Schläfenlappenbereich des Gehirns ein Gotteserlebnis auf Knopfdruck hervorzaubern kann. Seine Anordnungen, obwohl umstritten,
vermochten sogar bei einem ausgewiesenen Skeptiker eine außerkörperliche Erfahrung und eine gefühlte "Präsenz" von etwas oder jemandem hervorzurufen.
- Aber man kann Gott nicht widerlegen
Man kann ebenfalls nicht widerlegen, dass in meinem Bett eine blonde unsichtbare Fee in französischen Edel-Dessous liegt und auf mich wartet. Der Beweis des Negativen ist sowieso nie möglich. Aber man kann Phänomene für unwahrscheinlich erklären. Wie zB Gott.