Dienstag, 5. Oktober 2010

Die drei Fragezeichen

Ein Axiom nennt man in der Mathematik einen nicht abgeleiteten Ausgangssatz, das heißt, eine Aussage, die man als gegeben hinnehmen, niemals aber - innerhalb des entsprechenden Theoriegebildes - beweisen kann. Axiome sind nicht hinterfragte Fundamente, auf denen der Rest der Theorie basiert. Drei solcher "Glaubenssätze" gibt es aber auch in unserem Alltags(er)leben - drei Dinge, die man nur (mehr oder weniger grundlos) vermuten, keinesfalls aber überprüfen kann. Drei ziemlich grundlegende Dinge noch dazu:

1. Es gibt eine Welt außerhalb des eigenen Bewusstseins

Dies ist die Grundaussage, die der philosophische Ansatz des Solipsismus anzweifelt. So seltsam es klingt: Alles, was man erlebt, und was nicht nur das bloße eigene Bewusstsein ist, die ganze schöne bunte weite Welt da draußen könnte genauso gut meine Einbildung sein, ein Kinofilm, ein Computerspiel, eine Matrix innerhalb meiner Vorstellung ohne tatsächliche greifbare Inhalte. Selbst der eigene Körper könnte eine Chimäre sein, die uns unser Gehirn vorgaukelt, und sogar die Existenz des Gehirns wäre danach zweifelhaft. "Ich denke, also bin ich" ist also etwas zu weit gegriffen. "Ich denke, also gibt es mein Bewusstsein" ist die (leicht zirkuläre) Aussage, die man höchstens mit Sicherheit treffen kann.


2. Ich bin ein konstant seit meiner Geburt existierendes Wesen

Lockern wir nun die Skepsis ein wenig und erlauben, dass es eine objektiv greifbare Welt um uns herum gibt. Dann gibt es aber immer noch keine Garantie dafür, dass ich so alt bin, wie es in meinem Pass steht. Jede Nacht nämlich verliere ich für 8 Stunden das Bewusstsein und erlange es dann wieder - oder?.. So merkwürdig es klingt, aber man kann nicht ausschließen, dass ich heute morgen in der jetzigen Gestalt geboren oder sonst wie erschaffen wurde, mit den fertigen Erinnerungen der letzten Jahrzehnte. Oder dass man den gestrigen "mich" umgebracht, geklont und die frische "Kopie", die ich jetzt bin, mit den Erlebnissen meines bisherigen Lebens "geimpft" hat. Man lebt aus subjektiver Sicht durchgehend nur, solange man nicht in den Tiefschlaf fällt. Danach fängt das Leben von vorne an - vielleicht als dieselbe Person, die man gestern war, vielleicht aber auch nicht.


3. Du siehst die Farbe Rot genauso, wie ich sie sehe.

Lassen wir noch weiteren Spielraum zu und nehmen nun an, es gebe die Welt außerhalb des Bewusstseins, und man sei auch so lange am Leben, wie man sich zu erinnern glaubt. Damit ist aber nicht gesagt, dass ich die Qualia, den subjektiven Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes, genauso erlebe wie Du. Für mich kann zum Beispiel die Farbe Rot so aussehen wie für Dich Grün, und wir werden trotzdem beide denken, wir sprechen von derselben Farbe, der nämlich, die auf der Ampel oben ist. Man kann einem farbenblinden Menschen tausendmal erzählen, wie die Wellenlänge und sonstige physikalische Eigenschaften der Farbe Rot sind - er wird es verstehen, aber eben nicht erleben. Das Phänomen der Qualia ist etwas höchst Subjektives und von außen Unüberprüfbares. Insoweit ist letztlich jeder wiederum in sich selbst gefangen.

Zweifel gesät? Wie Voltaire sagte: Zweifel ist nicht angenehm, Gewissheit aber ist absurd.

Montag, 28. Juni 2010

Unsere unwahrscheinliche Welt

Von allen Gottesbeweisen und sonstigen Argumenten für die Existenz Gottes, die die Menscheit je ersonnen hat, sind die meisten Unsinn (s. hier). Ein einziges jedoch hat eine Art Prima-facie-Plausibilität, die ihm eine gewisse herausragende Position unter all den anderen gibt. Das Argument gründet sich auf Tatsachen und Forschungsergebnissen und ist daher schwieriger zu widerlegen. Deshalb widme ich ihm einen separaten Beitrag.

Es ist das Problem der Feinabstimmung der Naturkostanten. Das Universum, wie wir es kennen, beruht auf Naturgesetzen. Diese wiederum beinhalten bestimmte Konstanten - etwa die Stärke der Gravitation, die Masse der Elementarteilchen oder die Anzahl der Dimensionen im Raum. All diese Werte zusammengenommen ergeben ein fragiles Gleichgewicht, das genau das Weltall ergibt, das uns Menschen hervorgebracht hat. Wären auch nur ein paar dieser Werte um ein paar Prozent anders, gäbe es keine Kernfusion, kein Sonnenfeuer, kein Kohlenstoff für die DNA und keine chemische Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff, die uns unser liebes H2O beschert hat. (Menschliches) Leben wäre mit Sicherheit unmöglich. Der Physiker Roger Penrose hat spaßenshalber ausgerechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass alle Naturkonstanten genau den uns bekannten Wert haben, 10 hoch 10 hoch 123 beträgt. Da scheint doch jemand förmlich beim Urknall an den Reglern gedreht und genau die richtigen Zahlen vorgegeben zu haben!  Das Universum scheint doch geradezu für Menschen geschaffen worden zu sein, nicht? Man kann beim Welterschaffen doch nicht 10 hoch 10 hoch 123 Mal würfeln!

Moment.

So fein abgestimmt für unser Dasein ist das Universum gar nicht. Dessen lebensfeindlicher Teil ist so nah an 100 %, dass es einem den Atem verschlägt. Die kleine biologische Nische, die wir hier auf der Erde im hinteren Winkel des Alls bewohnen, ist so winzig, dass das Argument schon an dieser Stelle genauso viel Überzeugungsraft hat wie die Aussage des einzigen Bakteriums in einem Fußballstadion, man hätte selbiges auf seine Existenz "fein abgestimmt".

Aber selbst wenn man darüber hinweggeht: Das Argument der "feinen Abgestimmtheit" beruht auf einem Denkfehler, nämlich auf dem Schluss: "unwahrscheinlich = bezweckt". Wenn die Wahrscheinlichkeit für das zufällige Zustandekommen eines Ereignisses gering ist, denken wir automatisch, irgendjemand habe es absichtlich und zielgerichtet verursacht. Dem ist aber dann nicht zwingend so, wenn es haufenweise vergleichbare, "gleich unwahrscheinliche" Ereignisse alternativ dazu geben kann. Beispiel: Ich würfle zehnmal hintereinander und bekomme die Kombination 2524116235 raus. Dass gerade dies herauskommt, ist in höchstem Maße unwahrscheinlich, doch habe ich das Ergebnis andererseits in keiner Weise willentlich herbeigeführt - eine Unmenge an genauso unwahrscheinlichen Würfelergebnissen lässt sich ja daneben zwanglos vorstellen. Denkt man den Fehler weiter, kann man zu gar grotesken Ergebnissen kommen: Wenn beispielsweise Hitler den Zweiten Weltkrieg nicht vom Zaun gebrochen hätte, hätten sich meine Eltern nie kennengelernt, da zumindest das Schicksal meiner Mutter dann ganz anders verlaufen wäre. Heißt das, das Hitler meine Geburt beabsichtigt hat? Natürlich nicht - er setzte einfach eine (der vielen) Ursachen für mein (unwahrscheinliches) Zustandekommen. Und wenn irgendeine dieser Ursachen etwas anders gewesen wäre, dann hätte sich die Welt halt anders entwickelt - ohne mich, mit anderen Menschen, aber genauso gut. Mich dermaßen ins Zentrum der Welt zu rücken und zu sagen, irgendjemand habe meine Geburt bezweckt, ist gelinde gesagt übertrieben.

Derselbe Fehlschluss lag dem ominösen "Bibelcode" zugrunde, bei dem man die Texte u.a. des Genesis-Buchs auf eine trickreiche Weise gelesen (man lese etwa jeden vierten Buchstaben etc.) und in diesem "Code" Vorhersagen der Ermordung Yitzhak Rabins sowie des Kampfes gegen Bin Laden gefunden haben will. Aber auch dieses scheinbar durch Zufall schwer erklärliche Ergebnis kann man leicht erklären: Wenn man nach irgendeiner Buchstabenkombination sucht und dann jedoch die Wahrscheinlichkeit gerade des Gefundenen berechnet, kommt man zu grandiosen, aber nichts sagenden Wahrscheinlichkeitszahlen. Folgerichtig haben Tüftler mit derselben Methode in der Bibel unter anderem die Aussage "There is no God" gefunden. Wie hoch wohl ist die Wahrscheinlichkeit dafür ist?..

Und so sollte man auch beim Problem der Feinabstimmung der Naturkonstanten denken: Unbemerkt verengt man dabei nämlich den Kreis der möglichen Ergebnisse der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf die eine Welt, in der wir leben, und auf die eine Lebensform, die wir kennen, namentlich die kohlenstoffbasierte DNA-/RNA-gestützte. Niemand hat aber gesagt, dass das die einzige mögliche Lebensform schlechthin ist. Mag das Universum bei veränderten Ausgangspositionen ohne Sterne und Wasser entstehen, mag es gar nur 1000 Jahre existieren, uns fehlt einfach die Fantasie, uns vorzustellen, welche anderen, mit uns gar nicht vergleichbaren, aber jeweils für sich genommen "gleich unwahrscheinlichen" Lebensformen es dann geben kann. Das Argument gründet sich deshalb auf dem von dem großen Carl Sagan zutreffend titulierten "Kohlenstoffchauvinismus". Das Leben, wie wir es kennen, ist das Ergebnis der vorgegebenen Naturkonstanten, und nicht umgekehrt. Wer denkt, das Universum sei dem Menschen "angepasst" worden, unterliegt dem typischen Größenwahn der religiösen Menschen - und setzt daher durch die Hintertür das voraus, was er durch die Feinabstimmung der Naturkonstanten beweisen möchte - die Existenz Gottes. So gesehen ist das Argument letztlich doch nur ein Zirkelschluss.

Mittwoch, 24. Februar 2010

Die Liebe in Zeiten des Urwalds

Bist Du ein Romantiker, solltest Du Dir überlegen, ob Du diesen Beitrag weiter lesen willst. Denn wir wollen nämlich die evolutionsbiologischen Ursprünge der Partnerwahl und -bindung ein wenig beleuchten. Und die haben wenig mit Liebe, sondern vor allem mit Mathematik, Taktik und kühlen Tatsachen zu tun. Um uns die Frage zu stellen, was uns zueinander treibt und aneinander bindet, müssen wir nämlich die Sicht der Gene einnehmen und die Sache aus ihrer Perspektive anhand ihrer Interessen betrachten. Denn alle Liebesgefühle zum Partner empfinden wir natürlich nur deshalb, weil unsere genetisches Erbe uns so beeinflusst, dass wir gerade und genau diese Gefühle haben sollen. Also: bereit für die Wahrheit?

Männer sind Lüstlinge, Damen eher Hausfrauen.

Das ist unser Ausgangspunkt und da können sich Feministinnen noch so sehr aufregen: Die Geschlechter sind nun mal mit einer angeborenen Asymmetrie ausgestattet: Weibchen sind per definitionem diejenigen, die größere und aufwendigere Geschlechtszellen haben. Männchen sind "die anderen", die die Weibchen befruchten. Das Weibchen will die wertvollen Ressourcen für die "teuren" Eizellen nicht verschwenden, wählt seinen Partner deshalb sehr genau aus und kümmert sich auch nach der Befruchtung um das Austragen des Kindes, das Großziehen, Ernähren, Pflegen etc. Das Männchen ist da viel leichtlebiger, da seine Geschlechtszellen billig in der Herstellung sind: Es muss nur ein gesundes Weibchen "überzeugen", sich von ihm befruchten zu lassen. Oder auch mehrere Weibchen. Eigentlich so viele Weibchen, wie es nur geht. Also sind - auch bei den Menschen - Männer tendenziell Angeber und Lüstlinge und Frauen - na ja, sagen wir: verlieren im Allgemeinen nicht so leicht den Kopf. Nicht umsonst war das weibliche Element seit je her mit Beständigkeit und Bodenhaftung assoziiert ("Mutter Erde", das lateinische "mater" in dem Wort "Materie"), während das Maskuline wie Wind und Hauch im Himmel zu verorten war ("Vater unser im Himmel", "der Heilige Geist" etc.). Alfred Kinsey drückte es dagegen experimentell-prosaisch so aus: "Cheese crumbs spread in front of copulating rats will distract the female but not the male".

Der aufrechte Gang ist der Ursprung der Liebe

Nein, nicht Jesus ist der Ursprung der Liebe, sondern der aufrechte Gang der Menschen. Er bedingt nämlich ein schmales Becken, weil das Wesen ansonsten nicht aufrecht laufen kann. Ein schmales Becken bedingt wiederum einen frühen Geburtstermin, weil der wachsende (bei den Menschen vergleichsweise große) Kopf sonst nicht durchpasst. Daher kommt das menschliche Kind eigentlich zu früh zur Welt. Ein Schimpansenbaby kann sich zum Beispiel relativ bald an die Mama klammern und krabbeln. Ein Menschenskind ist dagegen die ersten paar Jahre ein schutzloser schreiender Fleischklumpen. Eine Mutter allein kann es nicht versorgen, oder jedenfalls nicht so gut wie Mutter und Vater gemeinsam. Wie bindet man aber den Vater, der ja eigentlich nach dem erfolgreichen Befruchtungsvorgang weiter ziehen will (s.o.), an die Mutter? - Aha - die Liebe! Zu dieser Annahme passt auch der Befund, dass die meisten Paar-Trennungen - sozusagen der Tiefpunkt der Liebe - nach etwa vier Jahren geschehen, also evolutionshistorisch gesehen dann, wenn das Kind schon laufen und sprechen kann und nicht mehr so hilflos ist. Ab dem Zeitpunkt ist die männliche Genverbreitungswahrscheinlichkeit durch weitere Befruchtungen höher als durch weitere Zeit- und Ressourceninvestitionen in das bereits vorhandene Kind.

Männer suchen Schönheit, Frauen Status

Schon wieder eine anscheinend sexistische Aussage - und schon wieder eine, die stimmt. Denn Schönheit steht für Gesundheit und Fruchtbarkeit (s. hier) - und Status steht für vorhandene Ressourcen innerhalb der für Primaten unabdingbaren sozialen Hierarchie der Gesellschaft. So sind beide primären Geschlechterinteressen befriedigt. Ein hübscher Burger-Verkäufer ist daher - experimentell nachgewiesen - für Frauen nicht so attraktiv wie ein hässlicher Träger schicker Anzüge. Umgekehrt haben Frauen tendenziell um so mehr Sexualpartner, je unattraktiver sie sich selbst finden (Nachweis hier) - wenn sie sich wegen mangelnder Schönheit keine großen Chancen auf einen qualitativen Partner versprechen, probieren sie es halt mit der Menge.

Und noch einmal: diese Präferenzen können sich hinter den idealistischsten Gefühlen verstecken - der genetische Quellcode ist aber so geschrieben wie eben gezeigt.


Männer und Frauen haben einen guten Grund zum Seitensprung


So, nun haben sich Mann und Frau zusammengefunden. Doch halt - man kann die so gesteigerten Überlebenschancen für den Nachwuchs noch weiter verbessern. Und zwar bei Männern dadurch, dass sie neben den "gesetzlichen" Kindern noch weitere bei gelegentlichen Liaisons links und rechts zeugen. Denn auch wenn sie für diese neuen Nachkommen nicht so intensiv sorgen können, vielleicht macht's die Anzahl. Von 10 außerehelichen Kindern werden 2 vielleicht überleben. Und das ist besser als kein Seitensprung und "nur" die ehelichen Kinder zu haben. Die Kosten eines Seitensprungs sind ja gering, der Ertrag kann sich dagegen lohnen. Kühle Mathematik.

Die Frauen sind aber auch nicht besser. Für sie lohnt es sich, einen treusorgenden Familienvater zu finden, der bereit ist, Jahre seines Lebens in den Nachwuchs zu investieren, und dann eine Affäre mit einem genetisch besser ausgestatteten Mann zu haben, von dem sie die gesünderen Erbanlagen fürs Kind holt. Das Kind darf dann der gehörnte treusorgende Vater erziehen. So hat sie das beste aus beiden Welten. Auch hier kühle Mathematik.

Monogamie verhindert Bürgerkriege

Monogamie - also die Zuordnung einer Frau zu einem Mann - ist letztlich eine soziale Befriedungsmaßnahme. Polygame Gesellschaften (bei denen immer der Mann mehrere Frauen hatte und nicht umgekehrt) gab es zwar schon seit Ewigkeiten. Jedoch ist eine solche polygame Gesellschaft aus genetischer Sicht für Frauen gut und für Männer schlecht. Frauen können sich einen gesunden und wohlhabenden Mann teilen, der gute Gene beisteuert und für den Nachwuchs sorgt. Die Frauen, die solch ein (in allen Hinsichten) potenter Mann "zuviel" hat, fehlen aber am "unteren" Ende der sozialen Hierarchie der Männer. D.h., die Polygamie führt dazu, dass es viele frauenlose junge frustrierte Männer gibt. Und solche Männer werden daher um so aggressiver und unruhiger - sie haben nämlich nichts zu verlieren - und wenden sich gegen die "Oberen", die die Frauen unter sich "monopolisiert" haben. Ein gutes Beispiel unter vielen ist etwa die Gewaltbereitschaft im männerbeherrschten "Wild West" in der Zeit der Besiedelung des amerikanischen Westens. So was bringt Unruhe in die Gesellschaft, deshalb fahren monogame Gesellschaften auf Dauer besser. Monogamie ist also ein Mittel zur Ruhigstellung und Zivilisierung der männlichen Unterschicht. Die Leidtragenden sind hier die Frauen, denn neben dem Entzug der Vorteile der Polygamie (s.o.) werden sie auch noch drakonischen Maßnahmen gegen die Gefahr eines Seitensprungs wie etwa Kopftuch, Genitalverstümmelung, eheliche Gewalt etc. unterworfen. Hauptsache, die Frau an der Fortpflanzung mit anderen hindern, so dass man die eigene Zeit und Ressourcen nicht für Kinder anderer Männer verschwendet. Man hat ja nur die eine Frau zugeteilt bekommen und will sie unter Kontrolle haben. Frauen opfern sich also in dieser Hinsicht, um Frieden in die Gesellschaft zu bringen. Ein Dankeschön an dieser Stelle an alle tapferen Frauen!

Auch gibt es belastbare Hinweise darauf, dass höher gestellte, (einfluss)reiche Männer eher Söhne bekommen als Töchter (Verhältnis von sogar bis zu 65% / 35 %!). Denn solche Männer in den "höheren Etagen" scharen wie gesagt Frauen um sich (das geht trotz Monogamie ganz wunderbar, indem man etwa Geliebte hat oder mehrere Frauen hintereinander heiratet), während es am unteren Ende der sozialen Leiter eine harte Konkurrenz um die wenigen verbliebenen Damen gibt. Viele Männer gehen hier deshalb fortpflanzungstechnisch komplett leer aus. Bekommt man also einen Sohn, ist das für die Weitergabe der eigenen Gene ganz toll, wenn man ein Milliardär oder ein Rockstar ist, und sehr schlecht, wenn man auf der Straße bettelt. Familien aus niedrigeren sozialen Schichten fahren deshalb tendenziell besser, wenn sie Mädchen bekommen, denn diese werden sich (im Gegensatz zu den untereinander konkurrierenden Jungs) irgendwie schon fortpflanzen.

So, und nun holen wir nach all den Offenbarungen tief Luft und singen:

Samstag, 23. Januar 2010

Das Ding an sich

Die Welt, die uns umgibt, ist mit allerlei Zeug gefüllt. Richtiges Vakuum muss mit hohem Aufwand mühselig hergestellt werden; in der freien Natur gibt es das fast nie - höchstens in der intergalaktischen Ödnis, wo nur ca. ein einziges Atom pro Quadratmeter vorkommt. Ansonsten wimmelt es überall von Materie - und seien es Gase wie unsere liebe Luft. Vor dem Entstehen des Universums war gar nichts da - weder Raum noch Materie - und danach plötzlich gab es etwas. Einen radikaleren Wechsel als von Nichts zu Etwas kann man sich kaum vorstellen. Und so fragt man sich zuweilen - was ist das alles um mich herum eigentlich genau? Woraus besteht das Kant'sche Ding an sich?

Nun, das kommt darauf an, wen man fragt.

Fragt man den Physiker, so würde er gar keine Antwort geben: Schon immer hat man sich gefragt, was passieren würde, wenn man Sachen immer weiter zerteilte. Dem Philosophen Demokrit schwante es, dass der Prozess irgendwann stoppen müsste, und er postulierte aus dem Ärmel heraus ein Grundelement, das nicht weiter geteilt werden konnte, und nannte es atomos, das "Unzerschneidbare". Zwei Jahrtausende später stellte sich experimentell heraus: So unzerschneidbar waren die Atome gar nicht: Sie hatten einen Kern und eine Hülle. Der Kern "zerfiel" dann weiter in Protonen und Neutronen, diese dann später in Quarks. Nun aber habe man das ultimative, nicht teilbare Elementarteilchen gefunden, dachte man. Doch nein, die sollen nun nach der Stringtheorie aus kleinen schwingenden "Fäden" bestehen, deren Länge etwa um so viel kleiner als ein Staubkorn ist, wie dieses kleiner ist als das gesamte Universum. Da diese so winzig sind, außerdem nur in einem Raum mit elf Dimensionen mathematisch beschrieben werden können, und der Mensch sich dies schlicht nicht vorstellen kann, helfen die Strings bei der Frage der Anschaulichkeit nicht weiter. Wie auch generell in der Quantenphysik gilt hier: Je kleiner das Objekt, um so weniger hat sein Verhalten und "Aussehen" mit dem gesunden Menschenverstand zu tun. Wir sind einfach zu beschränkt, um zu begreifen, woraus Materie "eigentlich" besteht.

Fragt man den Nihilisten, würde er sagen: Aus nichts. Und damit hat er Recht - denn die Atome bestehen zum großen Teil aus leeren Raum. Der sich in der Mitte befindliche Atomkern wird von Elektronen umkreist, und dazwischen ist - gähnende Leere! Nach einem geläufigen Größenvergleich wäre bei einem Atomkern in der Größe eines Stecknadelkopfes die Hülle so groß wie ein Fußballfeld. Es ist schwierig, sich davon zu überzeugen, dass der Hammer, mit dem man sich gerade auf den Daumen gehauen hat, weitestgehend aus gar nichts besteht, doch es ist so.

Fragt man den Pessimisten, so könnte er entgegnen: Aus Abfall. Und auch das ist - düstere Weltsicht vorausgesetzt - nicht von der Hand zu weisen. Denn beim Urknall entstand Materie und Antimaterie - wäre da alles mit rechten Dingen zugegangen, würden beide sich beim Kontakt miteinander gemäß dem normalen Lauf der Dinge annihilieren. Das Universum würde, kaum entstanden, sich spektakulär in einem Meer von Licht auflösen. Aus irgendwelchem rätselhaften Grund gab es aber zufällig ein bisschen mehr Materie als Antimaterie. Das Feuerwerk verglühte so nicht vollständig, es blieben ein paar Restposten übrig, Brocken und Klumpen, die seitdem durch den Raum geistern. Diese Restposten bilden nun das ganze sichtbare Universum. Kosmischer Abfall, nicht benutzte Munition für die luminöse Party an Beginn des Seins.

Und so wäre Kant mit seiner Frage nach dem "Ding an sich" auch zwei Jahrhunderte später nicht wirklich schlauer geworden als damals. Und da man sich ein Nichts im vollen Sinne dieses Wortes ohnehin nicht bildlich vorstellen kann (denn da müsste man auch sich selbst, den Betrachter wegdenken), kann man die Materie, was auch immer sie "ist", lediglich als gegeben dankbar annehmen. Außer man haut sich mit dem Hammer den Daumen platt.